Debatte um das «Lieblingskind»: Ein gesellschaftliches Tabu?

Laura Martin
Laura Martin

Am 20.10.2024 - 06:35

Als Eltern gibt es viele ungeschriebene Regeln. Eine davon ist, dass man kein Lieblingskind haben sollte. Doch ist diese Erwartung realistisch?

Geschwister necken sich.
Mehrere Geschwister stehen häufig in Konkurrenz zueinander. Auch bei den Eltern. - Depositphotos

Ist es möglich, alle Kinder gleich zu lieben und ihnen die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken? Oder ist eine gewisse Präferenz natürlicher als wir denken?

Das Ganze ist ein sensibles Thema, an das sich nicht viele herantrauen. Die Meinungen darüber sind geteilt und reichen von strikter Ablehnung bis zur Akzeptanz einer unausgesprochenen Wahrheit.

Eine Frage des Herzens – oder des Verstandes

Viele Eltern beteuern vehement, dass sie keinerlei Vorlieben unter ihren Kindern haben. Sie argumentieren damit, dass sich Liebe nicht messen lasse und jedes Kind auf seine eigene Art geliebt werde.

Lustige Familie auf Couch
Die meisten Eltern versuchen alles, um jedes ihrer Kinder glücklich zu machen. - Depositphotos

Allerdings zeigen Studien einen anderen Trend – wie etwa eine aus dem Jahr 2005 an der University of California, Davis im US-Bundesstaat Kalifornien. Dort haben Untersuchungen an 384 Geschwisterpaaren und ihren Eltern ergeben, dass 65 Prozent der Mamas und 70 Prozent der Papas ein Lieblingskind hatten.

Hatten Ihre Eltern ein Lieblingskind?

Es scheint menschlich zu sein, eine Präferenz für ein bestimmtes Kind zu entwickeln. Auch wenn viele das niemals zugeben würden.

Kinder spüren Ungleichbehandlung

Die meisten Eltern behaupten, all ihre Kinder gleich zu behandeln. Es ist allerdings fast unvermeidlich, Unterschiede zu machen – was die Geschwister meistens auch wahrnehmen.

Glückliche Familie in Natur
Es ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, in jeder Situation allen Kindern gerecht zu werden. - Depositphotos

Das kann bei den Betroffenen Gefühle von Ungerechtigkeit und Neid auslösen. In einigen Fällen sind sogar langfristige psychische Probleme die Folge.

Die Rolle der Gesellschaft

In einer idealisierten Vorstellung unserer Gesellschaft gibt es keine Lieblingskinder. Diese Haltung ist jedoch nicht immer realitätsgetreu – und bringt Eltern in eine Zwickmühle.

Familie mit Seifenblasen
Kinder merken, wenn Eltern Unterschiede zwischen ihnen machen. - Depositphotos

Sie stehen unter dem Druck, ihre Kinder gleich zu behandeln, während sie gleichzeitig mit ihren eigenen Gefühlen ringen. Auch dieser Konflikt kann die elterliche Beziehung zu den Kindern belasten.

Bewusstsein als Lösung?

Vielleicht liegt die Lösung des Problems darin, das Bewusstsein für diese Thematik zu schärfen. Statt die Angelegenheit zu tabuisieren, sollten wir offen darüber sprechen – und zwar ohne Angst vor Verurteilung oder Schuldzuweisungen.

Möglicherweise hilft diese Offenheit dabei, einen gesünderen Umgang mit dem Thema «Lieblingskind» zu finden. So können wir letztendlich auch den betroffenen Kindern besser gerecht werden.

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