Wenn Kinder zu Kostverächtern werden

Janine Karrasch
Janine Karrasch

Am 08.09.2024 - 06:14

Ihr liebevoll zubereitetes Essen wird vom Sprössling mit einer abfälligen Geste zurückgewiesen? Dann haben Sie wohl einen kleinen Gourmet in der Familie.

Mädchen sitzt vorm Küchentisch
Kaum haben die Kleinen ihre ersten Schritte in die Welt der festen Nahrung gemacht, schon beginnt eine Phase des selektiven Essverhaltens – und die hält manchmal lange an. - Depositphotos

Es gibt kaum etwas Herausfordernderes für Eltern als die Mahlzeiten mit einem wählerischen Kind. Die Szenen gleichen oft kleinen Dramen:

Der Teller wird weggeschoben, das Gesicht verzogen und schliesslich folgt der unvermeidliche Satz: «Das mag ich nicht».

Doch hinter diesem alltäglichen Kampf verbergen sich nicht nur Geschmackspräferenzen. Fachleute sehen darin eine komplexe Mischung aus Entwicklungsschritten, dem Bedürfnis nach Autonomie und teilweise auch sensorischen Verarbeitungsunterschieden.

Auf den Spuren der Ursachen: Warum isst mein Kind nicht?

Zu den häufigsten Gründen für wählerisches Essen gehört unter anderem ein angeborener Instinkt zur Selbstbewahrung. Eine Art evolutionärer Mechanismus, um sich vor giftigen Pflanzen zu schützen.

Hinzu kommt ein verlangsamtes Wachstum nach dem zweiten Lebensjahr, was oft fälschlicherweise als Mangel an Appetit interpretiert wird. Darüber hinaus spielt auch der Wunsch nach Unabhängigkeit eine Rolle, denn Kinder nutzen ihr Essverhalten gerne als Ausdruck ihres Autonomiebestrebens.

süßer Junge beim Essen
Das Verhalten des selektiven Essens tritt typischerweise zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat auf und kann bis ins Vorschulalter andauern. - Depositphotos

Nicht zuletzt können auch medizinische Probleme oder negative Erfahrungen mit bestimmten Nahrungsmitteln hinter einem restriktiven Essverhalten stehen. Übrigens: Etwa 13 Prozent aller Sechsjährigen sind immer noch sehr heikel bei ihrer Essensauswahl.

Nahrung ist mehr als nur Essen

Für viele Kinder ist das Essen eng mit ihren Sinneserfahrungen verbunden. Sie reagieren besonders empfindlich auf Texturen, Gerüche oder sogar die Farben ihrer Speisen.

Dies kann dazu führen, dass sie bestimmte Lebensmittel ablehnen. Ein Phänomen, das über blosse Launenhaftigkeit hinausgeht.

Ein einfühlsamer Umgang mit solchen Vorlieben und Abneigungen ist hier gefragt. So geht es darum, den Kindern behutsam neue Geschmackserlebnisse zu ermöglichen, ohne Druck auszuüben oder gar Strafen anzudrohen.

Spielregeln am Familientisch

Eine Strategie gegen die Essensschlachten bietet der Aufbau einer positiven Esskultur innerhalb der Familie. Das gemeinsame Zubereiten von Mahlzeiten hilft beispielsweise, Neugierde zu wecken und Berührungsängste abzubauen.

Mutter und Sohn backen gemeinsam
Führen Sie Ihre Kinder spielerisch an neue Lebensmittel heran – sei es durch gemeinsames Kochen und Backen oder Gartenarbeit sowie durch kreative Ansätze wie «Essbare Kunstwerke». - Depositphotos

Setzen Sie zudem klare Regeln fest und probieren Sie es einmal mit der sogenannten «Division of Responsibility»: Hier legen die Eltern fest, was konsumiert wird, aber wie viel davon gegessen wird, entscheidet das Kind selbstständig.

Dabei sollte jedoch immer eine vertraute Alternative zur Verfügung stehen. So wird das Experimentieren gefördert und gleichzeitig Sicherheit geboten.

Mit Geduld zum Erfolg

Geduld spielt in diesem Prozess eine entscheidende Rolle. Tatsächlich kann es bis zu 15 Versuche brauchen, bis ein Kind sich an einen neuen Geschmack gewöhnt hat.

Daher ist Ausdauer gefragt – sowohl bei den Kleinen als auch bei ihren Eltern. Dies bedeutet allerdings nicht zwangsläufig einen Freifahrtschein für ständige Konfrontationen am Esstisch.

Vielmehr geht es darum, eine Balance zwischen sanfter Ermutigung und Akzeptanz individueller Grenzen zu finden.

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