So kinderunfreundlich ist die Schweiz
Die Schweiz ist ein begehrenswerter Ort, um zu leben – zumindest denken das viele. Doch oftmals sind Schweizer Familien nicht zufrieden.
Sicher, neutral, reich – Die Schweiz gilt oftmals als beneidenswerter Wohnort. Doch so zufrieden sind Schweizerinnen und Schweizer gar nicht. Vor allem dann nicht, wenn es um die Kinderfreundlichkeit des Landes geht.
Einer Studie von Uno-Kinderhilfswerk Unicef aus dem Jahr 2019 zufolge ist die Schweiz sogar extrem kinderunfreundlich. Verglichen wurden bei dieser die Kinderfreundlichkeit von 31 europäischen Ländern – die Schweiz belegt den letzten Platz.
Familien mit Kindern fühlen sich oft unerwünscht oder sogar ausgegrenzt. Aber warum ist das so?
Mutter- und Vaterschaftsurlaub
Grund für den schlechten Rang ist vor allem der kurze Mutterschafts- und der (2019) nicht wirklich vorhandene Vaterschaftsurlaub. Aber nicht nur das: Auch in Sachen Kinderbetreuung und Tagesschulangeboten ist die Schweiz keine Vorreiterin.
Im Zeitraum vom 16. November bis zum 8. Dezember 2022 hat die Versicherungsgesellschaft Pax und die Organisation Pro Familia Schweiz Familien befragt. Es haben insgesamt 2084 Familien aus allen Landesteilen der Schweiz bei der Online-Umfrage mitgemacht.
Dieser Studie zufolge sind 60 Prozent der Eltern unzufrieden mit der Länge des Mutter- und Vaterschaftsurlaubes. Im internationalen Vergleich sind die 14 Wochen für die Mutter und die zwei Wochen für den Vater auch extrem wenig.
Hohe Kosten eines Kindes
Ausserdem ist es sehr teuer in der Schweiz ein Kind grosszuziehen – die Krankenkassenprämien steigen und die Kita-Plätze sind teuer.
Bei vier von zehn Familien (41 Prozent) reicht das Haushaltseinkommen nur knapp für das gemeinsame Familienleben. Der Anteil von Familien mit knappen finanziellen Ressourcen ist hoch – bei 6 Prozent reicht das Einkommen nicht.
28 Prozent aller Familien kann aktuell kein Geld zur Seite legen und ein weiteres Drittel kann maximal bis zu 500 Franken im Monat sparen. Aus Kostengründen sparen 40 Prozent bei den Familienferien, 33 Prozent verzichten auf Restaurantbesuche.
Der öffentliche Raum
Egal ob drinnen oder draussen: In Parks oder Cafés sind Spielgeräusche von Kindern häufig nicht gern gesehen. Anwohner beschweren sich über den Lärm, obwohl diese Orte eigentlich zum Spielen gedacht sind.
Auch Restaurants zeigen wenig Toleranz gegenüber ihren jüngsten Gästen. Kinderlärm wird als störend empfunden und Eltern werden gebeten, ihre Sprösslinge zur Ruhe zu ermahnen.
Eingeschränkte Mobilität: Öffentlicher Verkehr
Auf Reisen mit dem öffentlichen Verkehr stossen Familien auf weitere Hindernisse. Vor allem kleine Bahnhöfe verfügen nicht immer über Aufzüge oder Rampen – ein Albtraum für jeden Kinderwagenbesitzer.
Zudem herrscht in Bussen und Zügen oft wenig Verständnis für den Platzbedarf einer Familie mit Kleinkindern. Schiebt man seinen Doppelkinderwagen rein, kommen schon die ersten empörten Blicke.
Sogar die eigentlichen Familienabteile werden manchmal von erwachsenen Personen besetzt. Dabei sollte genau dort ein geschützter Ort für Kinder und Familien sein.
Wohnungsnot: Ein Dach über dem Kopf?
In der Schweiz ist der Wohnungsmarkt grundsätzlich hart umkämpft. Familien mit Kindern haben es besonders schwer, eine geeignete und bezahlbare Wohnung zu finden.
Oft gib es gar nicht viel Angebote an grösseren Wohnungen mit mehr als 4 Zimmer. Vor allem müssen Familien in praktischen Wohnquartieren oder nahe an der Stadt sehr tief in die Tasche greifen.
Grundsätzlich können sich das nur Doppelverdiener-Haushalte oder wohlhabende Familien leisten. Wer gar ein Haus kaufen möchte, muss mit hohen Preisen und langer Suche rechnen.