Mitgefühl lernen: Wie Empathie unsere Kinder formt
Empathie ist ein Schlüsselmerkmal sozialer Intelligenz und gilt als Grundstein moralischen Handelns. Doch wie entwickeln Kinder diese wichtige Fähigkeit?
Die Fähigkeit, sich in die Gefühle anderer hineinzuversetzen, gilt als eine der Säulen des menschlichen Miteinanders. Besonders bei Kindern und Jugendlichen steht das Thema Empathie im Mittelpunkt wissenschaftlicher wie auch familiärer Diskussionen.
Forscher weltweit untersuchen, ab wann Kinder die Emotionen anderer erkennen können. Und fragen sich ausserdem, welche Rolle ein Mangel an Empathie beim Entstehen von aggressivem oder antisozialem Verhalten spielt.
Von Geburt an mitfühlend?
Bereits Neugeborene zeigen Reaktionen, die auf empathische Fähigkeiten schliessen lassen. Sie werden unruhig, wenn sie andere Babys weinen hören – ein frühes Zeichen fürs Erkennen emotionaler Zustände ausserhalb ihrer selbst.
Mit etwa zwölf Monaten beginnen einige Babys sogar aktiv zu versuchen, tröstend auf Personen in ihrem Umfeld einzuwirken. Diese ersten Anzeichen von Mitgefühl sind grundlegend für spätere Formen zwischenmenschlicher Hilfeleistungen und altruistischem Verhalten.
Eine Frage der Perspektive und Selbstkontrolle
Doch echtes Einfühlungsvermögen umfasst mehr als nur emotionale Ansteckung. Es schliesst auch die Fähigkeit zur Perspektivübernahme sowie fortgeschrittene Selbstkontrolle mit ein.
Heutzutage machen Bildschirmmedien einen grossen Teil des Alltags junger Menschen aus. In dem Kontext stellt sich die Frage nach dem Einfluss von Videospielen auf ihre Empathiefähigkeit.
Gefühlsblind durch Videospiele?
Studien legen nahe: Gewalt in Videospielen kann tatsächlich dazu führen, dass Spieler weniger hilfsbereit reagieren oder Probleme anderer ignorieren.
Anderseits gibt es «prosoziale» Spiele, die Spielende für Hilfsaktionen belohnen – mit positivem Effekt auf ihr realweltliches Sozialverhalten. Die Medienlandschaft trägt somit eine nicht zu unterschätzende Verantwortung bei der Entwicklung jugendlicher Empathie.
Kann man Empathie lehren?
Viele Eltern und Lehrkräfte fragen sich: Können wir gezielt Einfluss nehmen auf die Entwicklung dieser so wichtigen Eigenschaft?
Obwohl direkte Studien rar sind, deutet vieles darauf hin: Ja, durch vorbildliches Verhalten können Erziehungsberechtigte massgeblich dazu beitragen, dass ihre Schützlinge lernen, sich in andere hineinzufühlen.
Gerade in der Erziehung von Jungen spielt der Erwerb von Empathie und Einfühlungsvermögen eine wichtige Rolle, da dies lange vernachlässigt wurde. Rücksichtsvolle und mitfühlende Jungs werden irgendwann zu empathischen Vätern.
Sind Teenager wirklich gefühlskalt?
Das umfasst Gespräche über Emotionen ebenso wie gemeinsame Aktivitäten, die soziale Kompetenz fördern. Wichtig dabei ist, auch den Umgang mit Misserfolgen im Bereich zwischenmenschlicher Beziehungen konstruktiv zu begleiten.
Das Klischee vom kaltherzigen Teenager findet immer wieder seinen Weg in öffentliche Debatten. Die verbreitete Annahme, dass Jugendliche generell an Empathie mangeln, hält einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand.
Prozess der Identitätsfindung
Jugendliche befinden sich in einem komplexen Prozess der Identitätsfindung. Dieser Umstand lässt sie oft selbstbezogener oder risikofreudiger erscheinen als sie tatsächlich sind.
Vielmehr zeigt sich, dass die Art und Weise, wie sie Empathie ausdrücken und erleben, aufgrund ihres Entwicklungsstadiums unterschiedlich sein kann.
Eine Frage der Entwicklung
Das bedeutet keineswegs Unfähigkeit zu empathischem Verhalten oder prosozialen Handlungen. In Wirklichkeit spielen kulturelle Erwartungen eine wesentliche Rolle dabei, wie Empathie über verschiedene Altersgruppen hinweg ausgedrückt wird.
Empathie beschränkt sich nicht nur darauf, die Gefühle anderer nachzuempfinden. Es geht auch darum, diese Gefühle zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.
Gesellschaft im Wandel
Bei heutigen Problemen mit Mobbing und sozialer Isolation gewinnt die Schaffung von Umgebungen, in denen Empathie gedeiht, zunehmend an Bedeutung. Familie, Schule oder sogar Videospielpräferenzen bieten täglich zahllose Gelegenheiten zur Förderung dieser entscheidenden Fähigkeit.
Die Reise des Erlernens von Empathie bietet unermessliche Chancen für persönliches Wachstum und soziale Integration junger Menschen in unsere Gesellschaft – wenn wir sie denn nutzen.