Berührungsangst: Wenn körperliche Nähe zum Baby schwerfällt
Kuscheln, Streicheln und Umarmen sind für viele frisch gebackene Mütter eine echte Herausforderung. Wir verraten, was dahintersteckt.
Sanfte Babyhände greifen nach Mama, doch sie zuckt zurück. Ein Gefühl der Schuld überkommt sie, während sie mit ihrer unerwarteten Reaktion ringt.
Die Vorstellung von inniger Verbundenheit weicht einer Realität voller Zweifel und Unsicherheit. Wo andere Mütter in Berührungen aufblühen, fühlt sie sich wie gelähmt.
Sie liebt ihr Kind und ihren Partner über alles, das steht ausser Frage. Doch die körperliche Nähe, die als selbstverständlich gilt, wird für sie zur täglichen Herausforderung.
Wenn Berührungen zur Qual werden
Viele Frauen stellen sich das Leben als Mutter voller liebevoller Umarmungen und Küsschen ihrer Kinder vor. Doch was passiert, wenn jede Berührung durch den Partner oder die eigenen Kinder zur Qual wird?
Trotz aller Liebe zur Familie kann es vorkommen, dass junge Mütter sich durch die Berührungen überlastet fühlen. Der ständige Körperkontakt überwältigt sie regelrecht.
Man spricht in dem Zusammenhang auch von dem «Touched out-Syndrom». Das ist besonders in der postpartalen Phase der Fall, wenn der weibliche Körper noch mit den Nachwehen der Geburt kämpft.
Das steckt hinter dem «Touched out-Syndrom»
Der Begriff «touched out» heisst übersetzt etwa «berührungsüberlastet». Er bezeichnet das Gefühl, vom ständigen Körperkontakt mit Kindern oder dem Partner während bestimmter Zeiträume überwältigt zu sein.
Fühlt man sich physisch oder emotional ausgelaugt durch zu viele Berührungen, sehnt man sich möglicherweise nach mehr persönlichem Raum. Oder wünscht sich gar physische Distanz zu den Familienmitgliedern, um wieder Energie tanken zu können.
Es ist wichtig, die eigene Situation zu reflektieren: Wann fühlt man sich am meisten frustriert? Ist es zu einer bestimmten Tageszeit oder in einer bestimmten Situation?
Mütter als Hauptbezugspersonen
Bis Kinder mobil sind und selbstständig sitzen oder laufen können, muss jemand sie halten. Und das ist oft die Mutter.
Forschungen des US-Fachmagazin «American Journal of Marriage and Family» zeigen: Die emotionalen und physischen Bedürfnisse von Kindern werden immer noch hauptsächlich von ihren Müttern erfüllt.
Mütter, die ihre Kinder stillen, haben ein besonders hohes Risiko für das Gefühl der Berührungsüberlastung.
Spannungen auch in der Partnerschaft
Sich nachts «berührungsüberlastet» zu fühlen, kann auch Probleme oder Spannungen in der romantischen Beziehung verursachen. Das Letzte, wonach vielen neuen Müttern am Ende des Tages ist, ist Nähe oder Intimität mit dem Partner.
Jeder Mensch hat seine eigenen persönlichen Grenzen. Daher ist es schwierig, eine klare Linie zwischen positiver Berührung und dem «Touched out»-Gefühl festzulegen.
Das können Sie tun
Zunächst ist es wichtig, sich regelmässige Auszeiten zu nehmen und «Me-Time» in den Alltag einzubauen. Dies kann durch die Unterstützung des Partners, der Familie oder durch ehrenamtliche Projekte ermöglicht werden.
Offene Kommunikation mit dem Partner ist ebenfalls entscheidend, um Verständnis für die Situation zu schaffen. Dabei sollte betont werden, dass es sich nicht um persönliche Ablehnung handelt, sondern um ein vorübergehendes Phänomen.
Schliesslich können körperbetonte Aktivitäten wie Sport, Massagen oder Wechselduschen helfen, sich selbst wieder besser zu spüren. Diese Massnahmen können dazu beitragen, das eigene Körpergefühl zu stärken und die Fähigkeit zur Nähe allmählich wiederherzustellen