So schadet Kritik dem Selbstbild von Teenagern
Eltern können ihren Jugendlichen ein sicheres Fundament für die Zukunft schaffen. «Richtiges» Kritisieren ist ein elementarer Bestandteil dessen.
Erinnern Sie sich noch an das letzte Mal, als Sie Ihren Teenager mit einem bestimmten Etikett versehen haben? Vielleicht war es ein harmloses «Du bist so vergesslich», doch solche Aussagen können tiefere Spuren hinterlassen, als uns lieb ist.
Es beginnt oft unbedacht und spielerisch, kann jedoch schnell zu einer festen Überzeugung in den Köpfen unserer Kinder werden. Diese ständige Beschriftung unseres Nachwuchses mag zwar aus einer Laune heraus geschehen oder sogar liebevoll gemeint sein.
Die Wirkung auf das Selbstwertgefühl der Jugendlichen ist jedoch alles andere als positiv. Doch wie erkennen wir diese Tendenz bei uns selbst und was können wir tun, um diesen Kreislauf zu durchbrechen?
Von «faul» bis «sorglos»: Wenn Eltern etikettieren
Jeder von uns hat wahrscheinlich schon Begriffe wie «der Wilde», «die Zickige» oder gar «der Faule» gehört oder verwendet. Diese scheinbar harmlosen Bezeichnungen sind nicht nur unfair.
Sie bergen auch die Gefahr, dass unsere Kinder beginnen, sich selbst durch diese negativ gefärbte Brille zu sehen. Was zunächst als einfache Charakterbeschreibung startet, kann leicht zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden.
Denn hören unsere Teenager immer wieder dieselben Labels, seien sie auch im Scherz gemeint, fangen sie an, sie zu glauben. Handlungen entsprechend dieser Zuschreibungen sind dann nicht mehr fern.
Gefangen in der Etikettenfalle: Das Dilemma verstehen
In ihrer Entwicklung befindliche Jugendliche nehmen Meinungen über ihre Person besonders intensiv wahr. Sie lassen diese tief in ihr Selbstbild einsickern.
Stellen Sie sich vor, welche Auswirkungen es haben könnte, wenn die wichtigsten Bezugspersonen Ihnen ständig negative Eigenschaften zuschreiben. Betrachten wir beispielsweise Aussagen wie «Du bist immer so dramatisch».
Obwohl möglicherweise ohne böse Absicht geäussert, könnten solche Kommentare dazu führen, dass unsere Heranwachsenden lernen, ihre Emotionen zu unterdrücken. Dies verdeutlicht eindrucksvoll die Macht unserer Worte und deren langfristigen Einfluss auf das Seelenleben unserer Kinder.
Sprache formt Realität: Eine neue Perspektive wählen
Anstatt unserem Nachwuchs vorschnell Etiketten anzuhängen, sollten wir versuchen, seine Verhaltensweisen objektiver zu betrachten und konstruktives Feedback geben. Anstelle von pauschalisierenden Labeln bietet es sich an, spezifische Situation beschreibende Rückmeldungen einzusetzen.
Dies fördert eine gesunde Auseinandersetzung mit eigenem Verhalten, ohne das Selbstwertgefühl unnötig zu belasteten. Konkret bedeutet dies zum Beispiel, statt des Vorwurfs «Du bist unordentlich» besser konkretes Fehlverhalten anzusprechen: «Ich habe bemerkt, deine Sachen liegen öfter herum.»
Solch ein Vorgehen ermöglicht unseren Kindern eine klare Sicht darauf, was verbessert werden kann. Ihr ganzes Wesen wird dabei nicht infrage gestellt.
Aufbau statt Abbau: Positive Sprache nutzen
Natürlich gibt es neben den kritischen Äusserungen auch viele positive Labels, die ebenso prägend sein können. Warum also nicht den Fokus verändern, stattdessen Talente, Leidenschaft hervorheben.
Jedes angebliche Defizit lässt sicher irgendwie ins Positive wenden. Ein Kind, welches gerne diskutiert, muss kein Streithammel sein, sondern könnte vielmehr geschickt als Debattierer gesehen werden.
Eine Umdeutung dieser Art ermutigt nicht nur, sondern zeigt unseren Jugendlichen klar auf, dass jeder Mensch vielseitig und facettenreich ist. Und genau hierin liegt Chance, echtes Potenzial zu entwickeln.